DIE MUSEUMSGRÜNDENDEN BRÜDER: GYÖRGY UND JÁNOS BLASKOVICH
György Blaskovich (1878-1960) machte sein Abitur 1896 in dem berühmten Ungarischen Königlichen Staatlichen Hauptgymnasium. Als Gymnasiast kam er mit István Réti, dem Maler aus Nagybánya in nahe Verbindung. So war es möglich, daß für die 1893 gemalten berühmten Bilder von Réti „Weihnachten der Boheme in der Fremde” György das eine Modell dafür war. Réti malte 1901 ein Porträt von seinem Freund György Blaskovich. Nachdem er sein juristisches Diplom erhielt diente er mehr als zehn Jahre lang in der Kaiserlichen und Königlichen Armee und nochmals vier Jahre bei den Ungarischen Königlichen Honveden. Auf eigene Bitte wurde er am 31. Dezember 1912 abgemustert. Damals kehrte er schon nicht mehr nach Tiszaújhely, sondern in die viel weiter entfernt gekaufte Kurie, nach Tápiószele ins Komitat Pest heim.
János Blaskovich (1883-1967) absolvierte in Nagybánya seine Grund- und Mittelschule. Seine Reifeprüfung des Gymnasiums legte er hier 1901 ab und studierte zwischen 1901 und 1904 an der Landwirtschaftsakademie von Magyaróvár.
János Blaskovich zog mit seiner Mutter und seinem Bruder 1912 nach Tápiószele. In diese Siedlung am Tápió Bach brachten sie nicht nur die seit zwei Generationen vermehrte Kunstsammlung, sondern auch die Erinnerungen an die Vergangenheit und die Ehre vor den Kunstwerten. Aus den Einnahmen der Ländereien und dem eigenen Einkommen legten sie mit strenger Sparsamkeit jene Summe beiseite, die sie zur Vermehrung der Familienkollektion und die archäologischen Ausgrabungen benötigten.
Mit ihrem Namen ist der 1923 in Tápiószentmárton ausgegrabene skythische goldene Hirsch und später die Ausgrabung des skythischen Gräberfeldes zwischen 1938 und 1953 verbunden, die die Archäologen des Ungarischen Nationalmuseums durchführten.
Die Gebrüder Blaskovich öffneten 1940 ihre Kurie in Tápiószele für die Öffentlichkeit, in der 1947 die Sammelstelle des Ungarischen Nationalmuseums eingerichtet wurde. Daraus entstand 1952 das Museum von Tápiószele. Die ersten Leiter dieser staatlichen öffentlichen Sammlung waren bis zu ihrem Tode die Gebrüder Blaskovich.
DIE GESCHICHTE DER FAMILIE BLASKOVICH
Die Geschichte der Familie Blaskovich begann spät, versprach aber viel und ist trotzdem die Laufbahn einer typisch ungarischen kleinadeligen Familie. Der erste bekannte Ahne nach der Vertreibung der Türken erscheint zur Wende zum 18. Jahrhundert im gesellschaftlichen Rang, Ausbildung und amtlicher Position dort, wo auch die Familie Grassalkovich stand. Ihr paralleler Beginn wurde ebenfalls durch persönliche und familiäre Verbindung verstärkt, denn Sámuel Blaskovich (1680-1737) heiratete die noch besitzlose Schwester des späteren Herzogs und Kanzlers Antal Grassalkovich. Nach dem 1712 erhaltenen Adelsbrief wechselten sich bis 1848/49 über fast anderthalb Jahrhunderte hinweg landerwerbende, landvermehrende, adelige Komitatsbeamte, kriegsführende und sich gut verheiratende Generationen ab. Ihre Landbesitze befanden sich in den Komitaten Hont, Nógrád, Borsod, Heves und Pest und in diesen Komitaten trugen sie auch Ämter: sie standen im Rang der Notare, Stuhlrichter, Oberstuhlrichter, Vizegespan und Tafelrichter.
Die Vermehrung der Landbesitze war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch Eheverbindungen charakterisiert. Durch Kauf gelangten Ländereien von den Familien Kubinyi, Almássy und Podmaniczky in den Besitz der Blaskovichs. In der Hand des Urgroßvaters József Blaskovich (1772-1848) befanden sich in fünf Komitaten ausgedehnte bedeutende adelige Besitzungen. Er ist nicht nur als guter Wirtschafter, sondern auch als gebildeter Mensch mit breiter Sicht bekannt. Das wird durch die Tatsache klar, daß er mit seiner Diät von Pozsony (heute Bratislawa) 1808 zur Gründung der Ludovika Akademie 1000 Forint spendete und später den Plan von István Széchenyi zur Gründung des ungarischen Pferderennens unterstützte. Mit seinem Sohn Bertalan Blaskovich gehörte er 1828 zu den Unterzeichnern der Pester Rennbahn. Darauf wurde dann in Tápiószele das Gestüt gegründet, wo 1874 Kincsem, die unschlagbare ungarische Wunderstute geboren wurde. Sie wurde zur legendären Figur der universellen Geschichte des Pferderennens.
Auf dem Zweig von György und János kam nach dem Niederwerfen des ungarischen Freiheitskampfes die Ländereien vermehrende und aktive Beamtenlaufbahn, öffentliches politisches Auftreten zum Stillstand.
Der zwischen 1806 und 1850 lebende Blaskovich Gyula, dessen kurzes Leben von der Epoche der ungarischen „Welt der Tafelrichter” umschlossen wurde, faßte die vorangegangene Geschichte der Familie zusammen und begann eine erneut hundert Jahre andauernde Familienbeschäftigung, die Kunstsammlung. Die Abstammung von Gyula Blaskovich, seine Erziehung, Schulen, Lebensauffassung und seine Laufbahn sind charakteristisch adelig. Er studierte Juristik, wirtschaftete auf seinem im Komitat Heves geerbten Landbesitz, übernahm ein administratives Amt zwischen 1837 und 1845 und war der Oberstuhlrichter des Bezirks Tarna. Später wurde er der Vizegespan des Komitats Heves. Gyula kaufte die Grundlage der Familiensammlung, indem er im Frühling 1848 Gemälde, Stiche und ein Pferdegeschirr aus dem Nachlaß des Erzbischofs Pyrker von Eger kaufte. Nachdem sich Gyula Blaskovich auf die Seite der Revolution stellte, ernannte ihn Lajos Kossuth zum ersten Vizegespan des Komitats, zum Obergespan. Gyula Blaskovich übernahm als Leiter des Komitats nicht nur Aufgaben in der Organisation der Nationalgarde, sondern brachte auch bedeutende finanzielle Opfer. Den Obergespan Blaskovich hatte die Niederwerfung des Freiheitskampfes stark mitgenommen. Er zog sich auf seinen Landsitz zurück, doch sein Gesundheitszustand war so angegriffen, daß er im nächsten Jahr starb.
Nach seinem Tod erbte sein Sohn Gyula die Familienkollektion, der sie sehr ehrte und sein väterliches Erbe noch weiter vergrößerte. Sein Schwager, der Geschichtsschreiber Béla Máriássy kam ihm dabei zur Hilfe, der ihm –nachdem er ohne Erben blieb– alle seine historischen Reliquien schenkte. Gyula Blaskovich jun. (1843-1911), der Repräsentant der zweiten Generation des Sammlungsgründers, zog nach dem Verkauf des Landbesitzes von Erk (1883) und einem kleinen Abstecher nach Szeged zusammen mit seiner Familie 1887 nach Nagybánya (heute Rumänien).
Die Ausstellung der Familiensammlung fand 1889 in Nagybánya und 1896 in der Millenniumsausstellung in Budapest statt.
1901 zog Gyula Blaskovich mit der Absicht nach Tiszaújhely an der Oberen Theiß, seine Söhne auch praktisch in die Wissenschaft der Wirtschaft einweisen zu können. Nach seinem Tod zogen seine Frau und seine Söhne György und János nach Tápiószele im Komitat Pest.